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Vorwort
zur Neuauflage des Erstdrucks von 1899
Das
3. Streichquartett entstand im September 1895, in dem Jahr
also, in dem Draeseke
mit der Niederschrift seines CHRISTUS-Mysteriums
begonnen hatte. Im Jahr zuvor hatte sich Draeseke verheiratet
und führte seither eine überaus glückliche Ehe.
Dies und mehrere erfolgreiche Aufführungen seines symphonischen
Gipfelwerkes, der Sinfonia tragica im Jahre 1895 beflügelten
ihn zur Komposition des einzigartigen CHRISTUS-Mysteriums, das
am Beginn seiner dritten Schaffensperiode
steht. Das Streichquartett cis-moll ist das letzte seiner drei
Werke dieser Gattung, zugleich
deren eigenartigstes und modernstes; es ist somit hervorragend
geeignet, mit der Ausdrucksweise des "späten Draeseke" bekannt
zu machen. Von der hergebrachten Form weicht es durch seine Fünfsätzigkeit
ab. Die einzelnen Sätze, in klassischer Form angelegt, sind
knapp und scharf ausgeprägt. In Klang und Rhythmus, Linearität
und Harmonik zeigt sich Draeseke als moderner Komponist auf der
Höhe seiner Zeit, der es allerdings verstanden hat, die
neuen Errungenschaften mit den klassischen Formen zu vereinen.
Er widmete das Werk 1895 dem Herzog Alfred von Sachsen-Coburg
und Gotha.
In
der Gestaltung dem Hauptthema des zweiten
Quartetts op. 35 ähnlich,
beginnt der Hauptsatz im dritten Quartett (Andantino elegiaco)
mit einer klagenden Cantilene der Violinen durch drei Oktaven
abwärts. Der Bau des Themas entspricht normaler 8-taktiger
Gliederung. Die Wiederholung bringt das Thema verteilt auf
Violoncello und die Mittelstimmen. Auch das in ebenso regelmäßiger
Art gebaute Seitenthema in schlichten Vierteln behält
den elegischen Grundzug des Satzes bei. In der Wiederholung
durch
das Cello strebt der Satz auf seinen ersten dynamischen Höhepunkt,
der zur Wiederholung der Exposition zurückführt und
beim zweiten Mal in die Durchführung überleitet,
in der die Kopfmotive der beiden Themen zunächst in Abspaltungstechnik
und dann vielfach kontrapunktisch miteinander verarbeitet werden.
Mit Eintritt der Reprise erscheint zunächst der Themenkopf
von fließenden 16-teln begleitet, erst dann beginnt im
Pianissimo das eigentliche Hauptthema, das sich vorübergehend
nach A-Dur wendet. Das Seitenthema erfahrt jetzt rasch eine
dynamische Steigerung, die kurz vor dem Satzende in einer kurzen
Coda zum
Hauptthema zurückführt. Der Satz endet mit einem
kraftvollen Schlussakkord.
In überschäumender Spielfreude
präsentiert sich
das Scherzo im dahinhuschenden 6/8-Takt. Überraschende
Modulationen bringen das knappe Thema auch in terzverwandten
Tonarten, ein krasser Wechsel innerhalb der Dynamik unterstreicht
den launigen Charakter des Satzes.
Im
Trio führt eine liedartige Melodie als Gegensatz zum
ersten Teil bis in die hohen Lagen der ersten Violine,
von den melodisch gestalteten Mittelstimmen kontrapunktierend
begleitet. Nach
einer kurzen Überleitung wird der erste Teil wiederholt.
Im langsamen dritten Satz, einem Adagio im terzverwandten B-dur,
bestimmen expressiv gestaltete, tragende Cantilenen, die kontrapunktierend
von den Mittelstimmen begleitet werden, durch vielfältige
Modulation den spannungsreichen Ablauf. Nach einer sich nur
ganz allmählich entwickelnden Steigerung fällt die
Dynamik ins Pianissimo zurück, ein Anklang an das Hauptthema
des ersten Satzes schließt sich an.
Vor
dem Finale hat Draeseke als Intermezzo einen beschwingten Tanz
eingeschoben,
der in seiner Rhythmik gewisse Ähnlichkeiten
zur Orchesterserenade nicht verleugnet. Das markante, auftaktische
Motiv, das wie ein Ländler gestaltet ist, wird im Trio zum
beherrschenden Gedanken des melodischen
Geschehens. Das Finale beginnt mit einem herrisch auffahrenden
Unisono-Motiv,
das die Hälfte des 8-taktig geformten Themas ausmacht. Die
zweite Hälfte des Themas stellt
die umgekehrte Intervallfolge der ersten vier Takte dar. Allerdings
ist ein weiterer Takt angefügt,
der den Schluss des Themas verlängert. Die sich daran anschließende
nächste 8-taktige Phrase wirkt durch ihre rhythmische und
dynamische Kraft. Das zweite liedartige Thema, das durch seine
Gegensätzlichkeit überrascht, wird zunächst nur
sehr sparsam, fast marschmäßig, bei der Wiederholung
durch das Violoncello aber dann von den übrigen Streicherstimmen
mit ausladender Melodik kontrapunktisch begleitet. Aus dem Motiv
des Schlusstaktes des Seitenthemas wird eine Überleitung
gewonnen, die in die motorische Bewegung des Satzanfangs zurückführt
und so den Wiedereintritt des ersten Themas vorbereitet, das
vor Beginn der Durchführung nochmals gebracht wird. Aus
der abgespalteten 16tel-Figur des vierten Taktes vom Hauptthema
entwickelt sich die Durchführung in Form eines Fugatos der
drei oberen Stimmen. Nach diesem ebenso raumgreifenden, wie durch
die rasche 16tel-Bewegung abwechslungsreichen Teil erscheint
die zweite 8-Takt-Phrase im Fortissimo. Sie leitet unmerklich
unter Beibe-haltung der 16tel-Bewegung in die Reprise über,
die erst durch das Unisono des Anfangs als solche erkannt wird.
Die zweite Vierergruppe wird nun im Pizzicato gebracht; das Seitenthema,
vom Violoncello vorgetragen, schließt sich nunmehr unmittelbar
an. Bevor das Finale mit einer vom Hauptthema beherrschten Coda
schließt, tritt durch eine kurze Reminiszenz an das Seitenthema
nochmals eine gewisse Ruhe vor der letzten Schlusssteigerung
ein.
Dank
für das Zustandekommen dieser Edition schuldet die
Internationale Draeseke-Gesellschaft in erster Linie der Niederfüllbacher
Stiftung, sodann aber auch der Musikabteilung der Badischen Landesbibliothek
Karlsruhe, die den von ihr verwahrten Erstdruck von 1899 zur
Verfügung stellte. © Udo-R.
Follert 1994/2003
Related link: Notes from the AKCoburg recording of Draeseke's third quartet.
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