Felix Draeseke: Musik für Violoncello und Klavier

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Ballade für Violoncello und Klavier op.7
Barcarole für Violoncello und Klavier op.11
Sonate für Violoncello und Klavier op. 51

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Felix Draesekes Sonate für Violoncello und Klavier op. 51 entstand 1890, also in zeitlicher Nähe der Kompositionen der Klarinetten- (1887) und Bratschensonate (1892. Im gleichen Jahr entstand mit der Violoncello - Sonate auch die erhabene Große Messe in fis-moll, deren Eingang in die Chorrepertoire noch immer auf sich warten lässt, während die Kammermusiken des bedeutenden Liszt-Schülers sich nach und nach immer größerer Beachtung und Wertschätzung erfreuen können An symphonischen Werken aus der zeitlichen Nachbarschaft der Sonate müssen die Orchester-Serenade op. 49, sowie das sinfonische Vorspiel zu Kleist's Penthesilea op. 50 genannt werden. Erstere ist ein Werk aus der heiteren Feder des Komponisten und viel gespielt, während Penthesilea ein Beispiel für den durchaus expressiven Stil darstellt, der im Interesse einer dramatischen Darstellung auch vor äußersten Kühnheiten nicht zurückscheute, auch wenn grundlegende musikalische Parameter niemals in Frage gestellt werden.

Mit seiner Cello - Sonate schenkte Draeseke der Musikwelt eine heitere Kammermusik, die es verdient, breite Beachtung zu finden. Die Ballade op.7 und die Barcarole op.11 entstanden in frühen Jahren. Beide widmete Draeseke bei der jeweiligen Drucklegung dem Leipziger Konzertmeister Friedrich Grützmacher. Die Ballade wird als Gelegenheitsarbeit angesehen; sie entstand zur gleichen Zeit wie die hervorragenden Konzertwalzer aus den frühen 60er Jahren, als Draeseke mit Hans von Bülow eng befreundet war und seine vielbeachtete große und einzige Klaviersonate geschrieben hat. Im Jahre 1872 vollendete Draeseke in Dresden die Partitur seiner 1. Sinfonie op.I2, und im gleichen Jahre entstand die Barcarole op. 11. Ballade und Barcarole gehören zur Gattung der sogenannten Charakterstücke, die im 19. Jahrhundert als „Musikalische Erzählungen" bzw. volkstümliche Lieder wie jene der venezianischen Gondolieri, eben die Barcarole, von vielen Komponisten gepflegt wurden. Die Ballade op. 7 (Larghetto, Grave, h-moll, 2/4) beginnt mit sanften Klavierakkorden, über denen sich vom 4.Takt an eine rhythmisch reich gegliederte 8taktige Melodie „molto espressivo" entfaltet. Sie wird vom Klavier wiederholt. Anschließend bestimmt die 1.Themenhälfte das musikalische Geschehen. Später führen die 32tel aus der 2.Themenhälfte in einen Mittelteil (un poco mosso), dessen thematisches Material dem früheren ähnelt. Der neue Gedanke wird zunächst vom Violoncello, später vom Klavier vorgetragen. Unter fortlaufender Verdichtung der motivischen Arbeit und bei dynamischer Steigerung wird eine Überleitung erreicht, nach der das 1. Thema wieder eintritt. Gegen Ende des gefälligen Stückes steht das markante Kopfmotiv im Vordergrund.Das ebenfalls 8taktige Thema der Barcarole op. 11 (Lento, a-moll, 3/8) wird in seiner 1. Hälfte von einem Triolenmotiv, später von aufsteigenden 16teln bestimmt und von Klavier und Cello gemeinsam vorgestellt. Nach kurzem Zwischenspiel erscheint es variiert erneut in der Haupttonart. Ein Mittelteil in E-Dur nutzt das Triolenmotiv zur Weiterspinnung der melodischen Entwicklung. Im Anschluss wird das Hauptthema wieder aufgegriffen, wie auch nach einem weiteren Zwischenspiel in A-Dur, und mit den charakteristischen Triolen des Themas verklingt das Stück im Pianissimo.

Sonate op. 51 D-dur für Violoncello und Klavier

Über ruhig fließenden Quintentriolen des Klaviers entfaltet sich mit dem 8taktigen lyrischen Hauptthema im Violoncello der 1.Satz (Allegro moderato, 4/4, D-Dur).Example 1 - Click for larger image
In der zweiten 8- Takt-Periode übernimmt das Klavier das Thema, vom Violoncello kanonartig begleitet. Nach weiteren 16 Takten, in denen motivische Elemente des Themas durchgeführt werden, setzt auf der Dominante das 2.Thema ein, das dem Hauptgedanken melodisch ähnelt, aber mit völlig veränderter Artikulation einen heiteren Gegensatz bildet, der durch rhythmisierte Terzgänge in der zweiten Themenhälfte noch verstärkt wird. In der Folge werden die einzelnen Elemente der beiden Themen bis zum Schluss der Exposition im phantasievollen Wechsel von Dynamik und Artikulation durchgeführt. Am Beginn der Durchführung erscheint das Themenmotiv kurz in d-moll, doch wird sofort mit modulatorischen Mitteln der Satz vorangetrieben. Das 2. Thema mit seinem charakteristischen Quintolenauftakt wird - wiederum ganz anders artikuliert als in der Exposition - nun auch vom Violoncello mehrfach aufgegriffen. Dann erscheint der Hauptgedanke in Des-dur, und es schließt sich eine längere Phase stark rhythmisierter Durchführung der Themenelemente an. Danach fuhrt Draeseke die charakteristische Triolenbewegung wieder ein, über welcher die Themenmotive in abwechslungsreichen Harmonien schließlich aus dem erreichten Es-dur in die Reprise des Satzes überleiten, während derer beide Themen erneut in stets wechselnden Erscheinungen auftreten, bis in einer breit angelegten Coda dieser Satz im Pianissimo verklingt.

Vom Klavier mit nur wenigen Basstönen begleitet, trägt das Soloinstrument ein 3taktiges elegisches Thema von großer Ausdruckstiefe vor und eröffnet damit den 2. Satz (Largo, molto espressivo, fis-moll, 3/4.) Mit dem rhythmisch einprägsamen Kopfmotiv beginnt auch die 2. Dreiergruppe, wobei mit dem Klavier weitere harmonische Bereiche gestreift werden. In der folgenden Dreiergruppe übernimmt das Klavier die Führung und trägt das Thema forte unverändert in cis-moll vor. Es folgt, mit dem Kopfmotiv beginnend in hoher Klavierlage, vom Violoncello mit Pizzicato-16teln begleitet auch in der 2. Dreiergruppe, wo das Klavier das Thema in allerhöchste Lagen trägt. Auch die 3. und 4. Gruppe überlässt das Thema ganz dem Klavier, wobei das Violoncello nur mit dem Kopfmotiv zaghaft eingreift. Während der ganzen 12 Takte reißt die Motorik der 16tel Bewegung nie ab. Es tauchen nun wieder die Motive des Modulationsteiles auf, der - erheblich kürzer als früher - in den 2. Teil des Satzes (Doppio movimento, D-dur, 9/8) überleitet, welcher von einem 6taktigen Thema geprägt wird, das in seiner volksliedhaften Art einen vollkommenen Gegensatz zum Klagegesang des Anfangs darstellt. Der vorwärtsdrängende Charakter wird vernehmlich durch die Klavierbass- Triolen garantiert, die auch für die Dauer dieses Mittelteils beibehalten werden. Das Violoncello übernimmt das 2.Thema in A-dur, wobei auffällt, dass beim Einsatz einer jeden 6er-Gruppe die Tonfolge jenes prägnanten Kopfrnotivs vom Satzbeginn, hier freilich als Triole geglättet, in hoher Klavierlage erscheint. Diesen Gedanken trägt das Soloinstrument dann vor, wenn in strahlendem Fortissimo das 2. Thema in der höchsten Klavierlage einen expressiven Höhepunkt dieses Mittelteils markiert. Unter Zurücknahme der Dynamik löst sich das 2.Thema im Cello gleichsam auf und nach kurzer dramatischer Überleitung meldet sich das elegische Hauptthema wieder im Fortissimo und wird von intensiv hämmernden 16tel- Triolen im Klavier kontrapunktiert. Das Klavier übernimmt in dieser expressiven Weise das Thema, bis der wiederum verkürzte Modulationsteil an die Schlussgruppe heranführt, während der das Kopfmotiv zwischen Klavier und Violoncello unter überwiegend staccatierenden Klavierbass-16teln durchgeführt wird. Nochmals erscheint der elegische Hauptgedanke forte in hoher Klavierlage und verklingt im Piano, wenn im Pizzicato-Aufgang des Violoncellos die Tonfolge des Kopfmotivs in Gegenbewegung zitiert wird und auf diese Weise vielleicht eine schmerzvolle Entsagung ausgedrückt werden möchte, was einem übrigens in den langsamen Sätzen Draesekes öfters begegnet. Über zwei pochenden Bassoktaven im Klavier verklingt der über 3 Oktaven höhere Anfangston a’’ über fassungsloser Leere quasi im Nichts.

Der Finalsatz (Allegro vivace, con fuoco, D-dur, 6/8) ist als Rondo konzipiert. Nach zwölf lebhaften Einleitungsgedanken, während derer quasi nach einem tragfähigen Gedanken gesucht wird, führt Draeseke ein 6taktiges Hauptthema ein, das von beiden Instrumenten unisono gespielt und in der Dominante wiederholt wird. Ein 2. Thema (grazioso) schließt sich an und wird von einem durch schwungvollen 16tel-Auftakt erkennbaren weiteren Gedanken ergänzt, bevor das Example 5 - Click for larger image Hauptthema erneut unisono erscheint. Die 6taktige Wiederholung allerdings steht nun in F-dur, der Paralleltonart der Molltonika und von hier wird über Es- und H-dur die Doppeldominante E-dur erreicht, in der das Klavier ein Tarantella-artiges 3. Thema vorträgt. Diese 26 Takte dauernde heitere Episode mündet in ein 8taktiges 4. Thema und wird vom Violoncello über den triolischen Pendelbässen des Klaviers „un pochettino piu largo" vorgetragen. Es ist leicht zu erkennen, dass der Komponist hier Elemente aus dem 1.Satz (Pendeltriolen) mit solchen des 2. Satzes (Rhythmisches Kopfthema) verbindet, zumal im Laufe der 4.Wiederholung dieses Achttakt-Thema der ins heitere gewendete Elegie-Ton ziemlich unverhohlen zitiert wird. Dann wird mit einem an Ausdehnung den Einleitungstakten ähnlichen Übergangsteil das Rondo-Thema wiedergewonnen. In langsamerem Tempo folgt ein 5. Thema und lässt etwas innehalten. Mit markierenden Akkorden als erneuter Überleitung tritt das Rondo-Thema fortissimo wieder auf und wird „con fuoco" weitergetrieben bis zum Einsatz des zweiten grazioso-Gedankens, dem der Komponist aber nunmehr deutlich mehr Raum zur Entfaltung einräumt und ihn auch in den hohen und tiefen Lagen des Klaviers durchführt. Nahtlos wird das 3 .(Tarantella- )Thema angefügt und folgerichtig erscheint über den Pendelbässen jenes retardierende 4.Thema, welches an den langsamen Satz erinnert. In Art der Durchführung und Ausdehnung gleicht es hier seinem früheren Auftauchen. Nachdem das Rondo-Thema erneut, diesmal in B-dur, zitiert wird, erscheinen noch einmal Triolen und Rhythmik des 4. Themas. Am Ende dieser Episode mischt sich die Motorik des Rondo-Themas herrisch ein. Doch bevor das Finale mit einer furiosen Schlussstretta schließen kann, darf - zwar nur kurz - auch das 5. Thema noch einmal aufleuchten.

Cover to the score of the Draeseke Cello SonataFür die kritische Durchsicht und für die Erstellung des umfangreichen Revisionsberichtes gebührt Wolfgang Müller-Steinbach besonderer Dank. Dank schulden die Herausgeber aber in erster Linie der Niederfüllbacher Stiftung in Coburg, die das Zustandekommen dieser Edition erst ermöglicht hat. Alle in diesem Band veröffentlichten Werke erschienen 1999 auf CD, eingespielt von Barbara Thiem, Violoncello und Wolfgang Müller-Steinbach, Klavier. (AK Coburg, C & P 1999 Alan Krueck, USA)

©Udo-R. Follert 1999/2003

Draeseke's Cello music on CD: 
 

AK Coburg DR 0002 [CD]

Sonata for Cello and Piano in D op. 51 Click to listen to the Finale of the Cello sonata.
Ballade for Cello and Piano in B minor op. 7
Barcarole for Cello and Piano in A minor op. 11
Click to listen to the Barcarole for Cello and Piano
Piano Pieces: Vision op. 21/1, Traum im Elfenhain op.21/2, Rote Blätter fallen op. 14/1, Verweht op. 14/2, Valse-Scherzo op.5/2
Click to listen to the Valse-Scerzo

Barbara Thiem [cello], Wolfgang Müller-Steinbach [piano]

The cello sonata dates from 1890 and demands virtuoso ability from its performers as well as an intimate understanding of its shifting harmonies and intricate contrapuntal relationships. The 1866 Ballade is a study in elegiac melancholy while the Barcarole of 1872 is a classic example of the genre piece evoking undulating waves and gondolas plying Venetian lagoons. The selection of piano pieces shows a series of genre pieces which at times transcend those boundaries through their sophistication and difficulty. 

Read Henry Fogel's review from Fanfare.

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