Erschienen am 17.06.2008 00:00
Teufelstriller als musikalischer Höhepunkt
Den Ausklang der diesjährigen Jahresversammlung der Internationalen Draeseke Gesellschaft Coburg stellte eine musikalische Matinee am Sonntag im Kunstverein dar. Die musikalischen Beiträge kamen vom erst 16-jährigen Geiger Albrecht Menzel aus Dresden. Sein warmer Ton bei dem Adagio aus der Sonate für Violine solo von Johann Sebastian Bach (BWV 1001) überzeugte vollkommen. Fein nuanciert erklang das Adagio sehr intensiv und mit großer Differenzierung wirkte es sehr besinnlich. Eine Hochachtung vor dem jungen Geiger, der alle Doppelgriffe sauber meisterte!
In die Matinee eingeflochten waren zwei Vorträge zu Felix Draeseke, die die Kompositionsprinzipien der späten Vokalwerke näher betrachten und analysieren sollten. Udo-Rainer Follert, der Vorsitzende der Gesellschaft, übernahm die Einführung an einem Beispiel, nämlich dem „Dies irae“ aus dem Requiem a capella, WoO35, das 1909, vier Jahre vor dem Tod des Komponisten, als letztes Vokalstück geschrieben wurde. Dieser 2. Satz beschreibt den Tag des Jüngsten Gerichts und Draeseke nutzte alle musikalischen Möglichkeiten, diese Szene sehr dramatisch zu gestalten. Hier erklingen im Bass posaunenähnliche Klänge, dort entfaltet die kontrapunktische Technik ihre volle Wucht. Der zweite Teil dagegen birgt das Beten um Gnade und die Hoffnung auf ewige Ruhe. Diese Themen und weitere Besonderheiten wurden vom Vortragenden am Klavier sehr anschaulich gezeigt und besprochen, dabei war Follert so voller Eifer, dass er den Hocker links liegen ließ und stattdessen im Stehen am Piano agierte. Anschließend erklang das „Dies irae“ als Live-Mitschnitt aus der Dresdener Frauenkirche im Ganzen und man konnte die bereits vorgestellten Ausschnitte im Originalklang noch einmal nachvollziehen.
Ein Zeitgenosse Draesekes war Eugen Ysaye, dessen Malinconia und Les Furies aus der Sonate Nr. 2, op. 27, für Violine solo, wiederum Albrecht Menzel vortrug. Der erste Satz zeigte sich getragen und sehnsüchtig im breiten Legato und der Interpret konnte eine für sein junges Alter erstaunliche musikalische Reife zeigen. Im Kontrast dazu stand Les Furies, nämlich kraftvoll und immer wieder mit Staccato-Einwürfen. Hier trat Menzels Virtuosentum in den Vordergrund, denn auch in seiner Körpersprache untermalte er die Gegensätze von krachenden Fortestellen und leichten Echos.
Ein zweites Beispiel für die Vorstellung Draesekes später Vokalwerke war der Schlusschor aus dem riesigen Mysterium „Christus“, op. 73, das aus Vorspiel und drei Oratorien besteht und insgesamt drei Abende füllt. Auch hier wies Follert auf interessante Leitmotive und markante Punkte hin, die sich durch das ganze Werk ziehen. Wirklich brillant erklang der Schlusschor auf CD in einer vorzüglichen Aufnahme und folgte den Erklärungen.
Die beiden Mitwirkenden der Matinee kamen nun im letzten Stück von Tartini (Grave und Allegro aus der Sonate g-Moll) noch zum gemeinsamen Musizieren an Violine und Klavier zusammen. Diese wahrhaft teuflische Komposition (Beinamen „mit dem Teufelstriller“) ahmte dem Komponisten zufolge ein Stück nach, dass ihm im Traum vom Teufel vorgespielt wurde. Hierbei begeisterte der Geiger durch ausgefeilte Technik und Fingerfertigkeit. Das alles mit einer Sicherheit was Intonation und Bogenführung angeht, die nur bewundernswert ist. Anpassungsfähig begleitete der Referent und so wurde dieses Werk zum Höhepunkt des Vormittags.
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