Der Nachlaß des Komponisten Felix Draeseke im Bestand der Sächsischen Landesbibliothek Dresden

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Die am 14. November 1942 in Dresden verstorbene Witwe des Komponisten, Frau Geheimrat Frida Draeseke, hatte vor ihrem Tode der Stadtbibliothek Dresden den künstlerischen Nachlass ihres Gatten übergeben. In einem Brief des Schatzmeisters der Draeseke-Gesellschaft, Joseph Lederer, an das Finanzamt vom 28. Januar 1944 heiß es: "1. Den künstlerischen Nachlass und Kompositionen von Felix Draeseke, Bilder usw. Dieses bildet das Fundament zu einem Draeseke-Museum, welches in Besitz und Verwaltung der Stadt Dresden übergegangen ist und sich im Dresdner Rathaus befindet ..." Nach 1945 gingen die autographen Bestände der Stadtbibliothek in den Besitz des Dresdner Stadtarchivs über, von welchem die Sächsische Landesbibliothek am 22 Juli 1958 den Nachlass übernahm.

Bei den Draeseke-Quellen der Sächsischen Landesbibliothek ergeben sich aufgrund ihrer geteilten Archivierung zwei Hauptgruppen:
1. Bestand der Musikabteilung
2. Bestand der Handschriftensammlung.

1. Der Bestand der Musikabteilung

Bereits zu Lebzeiten von Felix Draeseke zeigte die Landesbibliothek Dresden großes Interesse an seinen Kompositionsautographen. In einem Brief vom 11. Oktober 1900 antwortet Draeseke der Landesbibliothek auf die Bitte, einige Kompositionen zu stiften und bietet folgende Werke an:

  • Herrat, Oper, Klavierauszug
  • Jubilaeums Festmarsch, op. 54, Part.
  • Der deutsche Sang für Männerchor und Orchester, op. 64, Part.
  • Sonate für Piano und Klarinette, auch für Violine eingerichtet, op. 38 - Das Schloß am Meer, op. 53
  • Drei Gesänge von Conr. Ferd. Meyer, op. 68.

City of DresdenManuskripte dieser Werke sind leider nicht oder nicht mehr im Bestand der Sächsischen Landesbibliothek. Eine Archivierung vor 1945 lässt sich nicht nachweisen. Nicht vorhanden ist auch das Exemplar der 2. Sinfonie, welches laut Brief des Ministeriums des Königlichen Hauses seine Majestät als Dedicationsexemplar ihrer Musikabteilung einverleiben ließ, datiert "Dresden 4. Sept. 1884". Nachweisbar besaß die Sächsische Landesbibliothek vor 1945 das Autograph, Andantino elegiaco, 3tes Streichquartett 7.12. (18)99'. Dieses ist ebenfalls nicht mehr vorhanden. Es gibt in dieser Sammlung noch ein einziges Autograph, welches vor 1945 erworben wurde. Dabei handelt es sich um Mu. 7099-D-6 Christus. Ein Mysterium. Vorspiel, Die Geburt des Herrn. Ms. autogr., am Schluß datiert, F.D. 9.Nov.1900' Kl.-A.-67 S. 1 Leere S. (1)

Momentan gibt es in der Sächsischen Landesbibliothek ca. 70 Notenmanuskripte von Draeseke-Werken, davon ist eine Vielzahl autograph. Zu den vom Komponisten selbst notierten Werken gehören u.a. das Requiem h-Moll für 4 Solostimmen, Chor und Orchester, Op. 22, entstanden 1877-1888, und am 26.10.1881 in Dresden mit der Dreyssigschen Singakademie unter dem Dirigenten Adolf Blaßmann uraufgeführt. Ebenfalls vorhanden ist ein unvollständiger Klavierauszug zu Tod und Sieg des Herrn aus dem Oratorium Christus. Weiter zu benennen ist das Autograph der großen Oper Herrat, die 1892 unter der Leitung Ernst von Schuchs uraufgeführt wurde. Von der Oper Gudrun, 1883 von Draeseke be endet, und der großen Oper Bertram de Born, wurden in Dresden 1883 und 1901 nur die Ouvertüren uraufgeführt. Das Streichquintett für Stelzner-Instrumente erlebte 1897 in Dresden durch Rappoldi, Blumer, Remmele, Naumann und Grützmacher seine Uraufführung. Der Psalm 57 für Bariton, gemischten Chor und Orchester, WoO 31, entstanden 1907, wurde erst im Jahre 1990 in der Dresdner Martin-Luther-Kirche unter Karl Frotscher uraufgeführt.

Von Draeseke gibt es insgesamt 87 Werke mit Opuszahl und 42 Werke ohne Opuszahl. Das sind also insgesamt 129 Kompositionen. Laut "Chronik seines Lebens" von Martella Gutierrez-Denhoff (2) sind die Opuszahlen 82-84 nicht bezeichnet, so sind es nur insgesamt 126 Kompositionen. Zu nicht allen Werken ist eine Ausgabe erschienen oder bekannt. Von den meisten Werken ohne Opuszahl ist lediglich das Kompositions-Autograph nachgewiesen. Von den bisher überhaupt im Druck erschienenen Draeseke - Kompositionen sind lediglich 9 nicht in der Sächsischen Landesbibliothek vorhanden. Die theoretische Sammlung der Musikabteilung enthält wichtige im Druck erschienene Draeseke - Biographien. Dazu gehören u.a. Otto Urhans Draeseke - Nachruf von 1913, Otto zur Neddens Schrift zu Leben und Werk von Draeseke aus dem Jahre 1925, und Erich Röders Draeseke - Biographie von 1932/1937. Ein wichtiger Bestandteil der Sammlung sind die Veröffentlichungen der Internationalen Draeseke - Gesellschaft seit 1984. Parallel dazu archiviert die Phonothek der Sächsischen Landesbibliothek Klangdokumente von Draeseke - Werken.

2. Der Bestand der Handschriftensammlung

Briefe Felix Draesekes gab es bereits vor 1945 in der Sächsischen Landesbibliothek. Sie entstammen verschiedenen Nachlässen und sind nicht aus dem eigentlichen Draeseke- Nachlass. Darunter befinden sich Briefe an den Hofopersänger DresdenFritz Weiß, die 1891, 1892 und 1894 von G.E. Schwender der Bibliothek übergeben wurden. 42 Briefe Draesekes sind aus dem Nachlaß des Geigers Eduard Rappoldi (1839 - 1903) und der Ehefrau und Pianistin Laura Rappoldi-Kahrer. Die Herkunft der übrigen Briefe ist unbekannt. Nach Signaturen wurden sie in den Jahren 1924-26 erworben. Es handelt sich insgesamt um ein Konvolut von 291 Briefen von Felix Draeseke. Außer den bereits genannten Korrespondenzpartnern gingen die Schreiben u.a. an Adressaten wie die Verleger Senfe und Fritzsch, Therese Draeseke, Otto Lessmann (Herausgeber der Allg.dt. Musikzeitung), den Komponisten Jean Louis Nicode und den Kapellmeister Kurt Striegler. In dieser Briefsammlung, Signatur: Mscr. Dresd. App. 721 V 39, befindet sich ein eigenhändiges Verzeichnis Felix Draesekes über seine von 1859-1888 entstandenen Werke mit Nennung des Verlages und der Opuszahlen von 1 bis 44. Mit dem Nachlass der Frida Draeseke, der 1958 der Sächsischen Landesbibliothek übergeben wurde, kam auch ein großer Komplex des Draeseke -Nachlasses in die Handschriftensammlung. Dieser wird in 8 Kapseln aufbewahrt.

Die erste Kapsel, Signatur: Mscr. Dresden App. 1193 A 1-5, enthält Handschriftliches von Draeseke selbst: über sein Leben und Werk bis 1865, ein Hausbuch, geführt von Juli 1895 bis 1. Oktober 1897, das Manuskript des Opertextes "Fischer und Chalif" mit Eintragungen der ersten und folgenden Aufführungen und 26 Oktavhefte mit Aufzeichnungen Draesekes zur Musikgeschichte. In der zweiten Kapsel werden ebenfalls Dokumente zu Draesekes Leben aufbewahrt. Darunter sind:

1. Draesekes Beurteilung als Klavier- und Harmonielehrer 1865-67 und 1869-75 am "Institut de Musique des Lausanne" und zwei Verträge, der erste Vertrag am 1. September 1884 unterzeichnet durch Friedrich Pudor als "Inhaber des allhier (Dresden) bestehenden Konservatoriums für Musik, in welchem Herr Draeseke den Unterricht in Komposition, Kontrapunkt und Harmonielehre erteilt". Der zweite Vertrag mit dem Besitzer und Direktor des Königlichen Konservatoriums für Musik zu Dresden, Herrn Prof. Eugen Krantz. Herr Draeseke verpflichtete sich, im Königlichen Konservatorium vom 1. September 1890 an Unterricht in Komposition, Formenlehre und Musikgeschichte zu geben.
2. Vorhanden sind eine Reihe von Auszeichnungen für Draeseke von den sächsischen regierenden Häusern in Dresden, Coburg und Gotha.
3. In eben dieser Kapsel liegen 17 Bilddokumente von Felix Draeseke vor.
4. Die Materialsammlung enthält biographische Versuche zu Draeseke von Krün, Reuss, Seywald u.a. aus den Jahren 1913 bis 1935. Darin enthalten ist ein kurzer biograpischer Abriß über Draeseke als Lehrer aus der Sicht eines Schülers. Der Verfasser ist Joseph Lederer.
5. 80 Briefe, Signatur: Mscr. Dresden App. 1193 C, die an Draeseke gerichtet sind. Die Absender sind hauptsächlich Musikverlage, Orchester, Redaktionen, Interpreten u.a.
Der Inhalt der Kapseln 3 und 4, Signatur: Mscr. Dresden App. 1193 D, sind Programme, Kritiken und Plakate. Es ergeben sich folgende Themenkomplexe:

  • Nachrufe zum Tode Felix Draesekes
  • Tagungen der Draeseke -Gesellschaft
  • Draeseke-Feier des Bayreuther Bundes
  • Draeseke-Feiern anläßlich seines 100. Geburtstages in Coburg, Rodach und Dresden, 1935
  • Draeseke-Fest in Liegnitz 1941
  • Kritiken, Programme und Rundfunkprogramme von Aufführungen seiner Kompositionen.(3)

Draesekes Schaffenszeit in Dresden fiel mit der Amtszeit von Generalmusikdirektor Ernst von Schuch zusammen, der einige Werke des Komponisten zur Aufführung brachte. Weitere Aufführungen Draesekescher Werke fanden unter so bekannten Dirigenten wie Arthur Nikisch (1888), Fritz Reiner (1915), Fritz Busch (1923), Karl Böhm (1935) u.a. statt.

Eine größere Anzahl von Kritiken liegen für die 2. Sinfonie op. 25 und die Serenade op. 49 vor. Sie gehören zu den am häufigsten und am erfolgreichsten aufgeführten Werken. Wiederaufführungsanlässe von Draeseke - Werken überhaupt waren der 75. Geburtstag des Meisters im Jahre 1910, sein Ableben 1913, sein 80 Geburtstag 1915 und die Feierlichkeiten anlässlich seines 100. Geburtstages 1935 (4). Die Kapseln 5 und 6, Signatur: Mscr. Dresden App. 1194 Au. B, Dresdenenthalten Notizbücher, Programme, Fotos u.a. Dokumente Frida Draesekes (1859-1942). Dazu gehören 718 Briefe, die an Frau Draeseke gerichtet sind. "Sie umfassen den Zeitraum von 1913 bis 1942 und geben uns einen Einblick in die Rezeption des kompositorischen Werkes von Felix Draeseke. Die Briefe enthalten aber auch eine Fülle von Informationen über Aufführungen bestimmter Kompositionen, über Rezensionen, Interpreten, Freunde, Gegner, Verleger usw. Vor allem setzen sie uns in Kenntnis über biographische Details. ... Am 26. August 1915 setzt der umfangreiche Briefwechsel Bernhard Engelkes mit Frida Draeseke ein. Immer wieder geht es dem hartnäckig nachfragenden jungen Musikwissenschaftlicher um Einsichtnahme in Dokumente und Partituren. Er erkundigt sich nach zahlreichen biographischen Details. Leider blieb seinevielversprechende Draeseke-Biographie auf halbem Wege stecken. Sie wurde nicht gedruckt. Das Manuskript erstreckt sich nur bis zum Aufenthalt Draesekes in der Schweiz. ... Verhältnismäßig breiten Raum nimmt im Briefwechsel Frida Draesekes die Korrespondenz mit Verlegern ein. Wir erhalten detaillierte Einblicke in die Verhandlungsgepflogenheiten und Geschäftspraktiken der Direktoren der Musikverlage Gustav Bosse (Regensburg), Bote & Bock (Berlin), Carl Hermann Jatho (Berlin), Otto Junne (Leipzig), Friedrich Kistner (Leipzig) und F.E.C. Leuckart (Leipzig). Die entsprechenden Schreiben setzen 1919 ein und erstrecken sich über das zweite Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. (5)

In den Kapseln 7 und 8, Signatur: Mscr. Dresden App. 1195 Au. B sind Materialien der Felix-Draeseke-Gesellschaft, Dresden und Marburg (L.) 1931-1944. Vorhanden sind Kassenbücher, Rechnungsbelege, Mitgliederverzeichnisse und die Vereinskorrespondenz. Eine detaillierte Auswertung dieser Quellen ist bisher noch nicht erfolgt.

Martina Lang

Anmerkungen:
(1) Marina Lang, Primär- und Sekundärliteratur über Felix Draeseke im Bestand der Sächsischen Landesbibliothek, erworben vor und nach 1945, in: Draeseke-Informationen, op. 4, S.ll ff.
(
2) Veröffentlichungen der Internationalen Draeseke-Gesellschaft, Band 3.
(3) Marina Lang, Primär- und Sekundärliteratur über Felix Draeseke im Bestand der Sächsischen Landesbibliothek, erworben vor und nach 1945, in: Draeseke-Informationen, op. 4, S.ll ff.
(4) Marina Lang, Tendenzen in den Kritiken zur Instrumentalmusik des Dresdner Draeseke-Nachlasses, in: Veröffentlichungen der Internationalen Draeseke Gesellschaft, Band 5, S. 121 ff.
(5) Hans John, Briefe an Frida Draeseke, in: Veröffentlichungen der Internationalen Draeseke-Gesellschaft, Band 5, S. 129 ff.

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